Italienische Ostalpen Reloaded (2016)

Entspanntes warten auf den Sonnenaufgang.
Entspanntes warten auf den Sonnenaufgang.

Obwohl der Td4 unser Reisefahrzeug und ausgebaut ist, wollten Nik und ich einmal reduziert und urspünglicher mit einem Fahrzeug reisen. Was bietet sich da eher an, als mit einer 45 Jahre alten Land Rover Serie ohne viel Schnickschnack zu fahren? Gesagt, beschlossen und getan.

Manchmal ist es besser, sich einfach ein Ziel mit Termin zu setzen, um etwas zu verwirklichen. Gut. Also mit der Serie in den Urlaub. 1.000 km An- und Rückfahrt über Landstraße. Mit der Zusage war für mich auch der Startschuß für die Vorbereitungen gefallen. Einiges was getan wurde, habe ich ja hier schon im Serie-Blog beschrieben. Damit im Fahrzeug geschlafen werden kann, fehlte aber noch ein Bett. Das habe ich an dem Wochenende vor der Abfahrt aus ein paar Spanbrettern mit zwei Stauräumen zusammen gezimmert. Alles sehr einfach gehalten. Was für ein Glück, dass ich das erledigt hatte, denn in den folgenden Tagen hatte ich Fieber bekommen und lag krank zu Hause. Der einzige Luxus, den wir uns gönnten, war die Engel-Kühlbox, damit wir bei den erwarteten (und eingetretenen) Temperaturen von an die 30 Grad Celsius unser Essen aufbewahren konnten. Naja, und vielleicht das eine oder andere Bier…

Ansonsten hatten wir nur zwei Stühle, einen Kocher, zwei Schlafsäcke mit Matratzen und einen Grill dabei. Das Besteck und die Teller, Salz & Pfeffer passten in eine kleine Kunststoffbox. Dann noch ein Schweizer Wassersack als Dusche. Das war es.

Donnerstag spät abends ging es los. In der Nacht waren die Straßen frei und per Landstraße ging es Richtung Augsburg, unserem ersten Treffpunkt mit einem der später Mitreisenden. Dabei durchquerten wir die Frankfurter Innenstadt, aber einem Auto mit H-Kennzeichen sind Umweltzonen egal. Bei Knittelsbach in Mittelfranken fanden wir einen ruhigen und ungestörten Stellplatz neben einem kleinen See. Dort schliefen wir für ein paar Stunden um im Morgengrauen weiter nach Augsburg zu fahren.

Gegen Mittag erreichten wir Augsburg und trafen uns mit Tobias von der Panamericana im Biergarten der Schlossgaststätte Wellenburg. Er hat übrigens auch einen lesenswerten Bericht über diese Reise verfasst: Nocheinmal in die Alpen.

Den Rest des Tages verbrachten wir mit Tobias und seinen Eltern. Danke für die Gastfreundschaft! Das war ein schöner Auftakt für die Reise. Samstag ging es dann weiter. Über die alte Brennerstraße, die leider gar nicht mehr so schön ist. Sie schlängelt sich unter der Betonbrücke entlang, die die Brenner-Autobahn trägt. Der Pass selber ist durch Outlet-Stores und anderen Ramsch verunstaltet. Einfach durch und ignorieren. Bei Brixen versuchten wir das erste mal verzweifelt zu tanken. Aber kein Automat akzeptierte unser Maestro- und Master-Karten. Anscheinend muss der Geld-Chip geladen sein. OK, wenn man unsere Euronen dort nicht möchte, geht es eben weiter. Da es langsam Abend wurde und die Fahrerei mit der alten Dame ohne Servolenkung und dem Wendekreis eines Flugzeugträgers auch nicht ganz unanstrengend ist, suchten wir uns einen Stellplatz für die Nacht. Mitten in einem Weinberg mit Blick auf die Geislergruppe der Dolomiten wurden wir fündig.

Am Sonntag stand dann die Strada Provinciale SP 31, der Manghenpass, an. Da wir Richtung Monte Lisser wollten, mussten wir in das Valsuganatal. Der einzige befahrbahre Übergang vom Fleimstal in die Valsugana ist diese Straße. Sie startet in Molina im Norden und endet in Castelnuovo im Süden. Was für ein Horror diesen Pass an einem sonnigen Sonntag zu fahren. Zig Motorradfahrer, was ansich überhaupt kein Problem ist, wenn nicht gerade 8 von 10 so ungeduldig wären. So ungeduldig, dass sie einen beim Rangieren in der Serpentine auf der Innenseite der Kurve überholten oder sich in S-Kurven so hineinlegen, dass zwei Fahrer einmal sehr knapp mit ihren Helmen meinen Wagen verfehlten. Es wunderte mich daher nicht, dass kurz vor dem Pass leider ein Biker verletzt im Graben lag und von seinen Mitfahrern betreut wurde. Scheinbar eine Kollision mit einem Auto. Es ging ihm sichtlich schlecht. Wer auch immer das war, an dieser Stelle mal gute Besserung gewünscht. Dabei kann es auch anders gehen. Die besonnenen Fahrer warteten einen Moment und zogen dann schnell an einer gut übersichtlichen Stelle vorbei. So kann es auch gehen. Nun gut, hinter dem ebefalls von Motorradfahrern vollständig im Besitz gehaltenen Pass wusste ich eine gute und nicht überlaufene Picknickstelle. Wir fuhren also ein Stückchen weiter und rasteten dort ein halbes Stündchen.

Von dort ging es dann über Castello Tesino auf die alte Brocon Passstraße. Die Serie klapperte und sprang über die Piste, ein Riesenspaß. Die meiste Zeit der Reise fuhren wir halboffen, also die Seitenwände der Plane hochgerollt. So hat man das ganze Frischluftgefühl und die Sonne knallt einem nicht so auf den Schädel.



Am Ende der Piste erreichten wir den Brocon Pass, parkten die Serie und setzten uns vor eines der Hotels um eine Kleinigkeit zu essen und zu trinken. Dabei genossen wir den weiten Blick über die Berge. Da wir nun schon vier Tage unterwegs waren, es schon spät und der geplante Übernachtungsplatz nicht mehr zugänglich war, beschlossen wir einen Campingplatz zu suchen. Das ist in dieser Region nicht besonders schwer und wir wurden in Castello Tesino fündig: Casteltesino Camping. Für 20 € gab es saubere Sanitäranlagen, ein Schwimmbad und einen Pool sowie kostenlose Saunabenutzung. Lediglich das Grillen mit Kohlen musste auf dem Grillplatz erfolgen. Eine Brandschutzmaßnahme. O.k.für uns.

Montag. Das nächste Ziel ist das Fort Lisser auf dem Monte Lisser. Da wir keine Lust hatten einen großen Bogen zu fahren, suchten wir uns einen direkteren Weg. Wir fanden ihn in der Strada della Marcesina bei Selva di Grigno, auf der südlichen Seite der Brenta (N 46° 00,949′ E 011° 35,675′). Interessanterweise zeigt Google Maps für diese Straße einen anderen, langweiligeren Verlauf, als er tatsächlich ist. OSM zeigt den Verlauf korrekt. Eine schöne, teilweise schmale und manchmal spektakuläre Straße, die uns direkt auf den Weg zum Monte Lisser brachte.

Beim Refugio Marcesina (N 45° 56,846′ E 011° 36,544′) trafen sich die Wege. Noch ein kurzes Stück Asphalt, dann ging es wieder auf eine Piste. Mehrere Gatter mussten geöffnet und geschlossen werden, bis wir oben ankamen. Und was sahen wir dort? Einen neu angelegten Besucherparkplatz und das Fort war eine eingezäunte Baustelle. Es wurde gerade für knapp 600.000 Euro in ein echtes Museum umgebaut. Damit dürften wohl die ruhigen Tage dort oben gezählt sein. Zum Glück sind wir jetzt noch einmal dort gewesen.

Wir suchten uns einen halbwegs windgeschützten Stellplatz, als auch schon ein weiteres Allradgefährt, ein Steyr-Puch, angefahren kam. Drinnen saßen Biggi und Frank, wie wir kurze Zeit später erfuhren. Und was für ein Zufall. Sie hatten einen Ausdruck meines Matsch&Piste-Artikels über die Reise in die Alpen im Jahr 2011 dabei. Dieser inspirierte die beiden auf den Monte Lisser zu fahren. Die beiden staunten auch nicht schlecht, den Autor und die zwei von Matsch&Piste genau dort zu treffen. Wir verbrachten einen schönen Abend und den nächsten Morgen zusammen. Abends braute sich neben uns noch ein Gewitter zusammen. Wir konnten aus sicherer Entfernung das Schauspiel gut beobachten, als im nächsten Tal der Regen und die Blitze heruntergingen.

Morgens standen wir zeitig auf, denn um 05:40 Uhr war Sonnenaufgang. Aber das Schauspiel begann schon gut eine Stunde früher. Also Stühle raus, Kaffee gekocht und dann die Aussicht genossen.
Biggi, Frank, falls ihr das hier lest! Schöne Grüße von Nik und mir!


Wir blieben den Dienstag am Fort, denn wir erwarteten unsere Mitreisenden Tobias, Det und Dietmar. Außerdem tat uns ein Tag ohne Fahrerei recht gut. Wir dösten, schliefen und ließen den Tag sehr ruhig und entspannt verstreichen. Gegen 18:00 Uhr trafen dann die anderen ein. Das Lager wurde aufgebaut und der Grill angeworfen. Wir schmiedeten die Pläne für die nächsten Tage. Zuerst soll es auf den Friedensweg gehen, dann zum Fort Campolongo. Danach noch zum Vajont-Staudamm bei Longarone und zum Stausee Lago di Ca Selva. Leider fiel der Sonnenaufgang am Mittwoch Morgen nicht ganz so wunderbar aus, wie am Vortag. Der Himmel war wolkenverhangen und diesiger Nebel rundherum. Tobias war das egal, er setzte sich in seinen Stuhl, die Kamera bereit und wurde, nachdem die Sonne bereits höher stand, mit einigen guten Bildern belohnt.

Auf unserem Weg schauten wir noch in einem kleinen Alimenteri in Lazaretti/Foza vorbei. Guiliano und seine Tochter Laura betreiben diesen kleinen Laden, der alles hat, was so nötig ist. Wir deckten uns reichlich mit Schinken und Käse ein und als unser Einkauf abgeschlossen schien, fanden wir uns in einer Wein-, Prosecco- und Schinkenprobe wieder. Um 10:00 Uhr morgens! Egal. Gerne folgten wir der freundlichen Einladung und erweitereten unseren Einkauf daraufhin ein wenig. Laura bot uns für den nächsten Besuch, das wäre dann der dritte, auch gleich ein Gästezimmer an. Das klingt verlockend. Mal sehen ob wir das Angebot einmal annehmen werden.

Am Friedensweg angekommen freuten wir uns, dass es wieder auf eine Piste ging. Auf halber Strecke stellte Det an seinem Discovery 2a eine Leckage fest. Am Wagen, den er erst wenige Wochen hatte, muss in der Vergangenheit jemand den Schlauch von Ausgleichsbehälter der Wankautomatik in die falsche Halteklammer gesteckt haben, so dass sich das Metallrohr vom Behälter zum Kompressor am Metallrohr des Turbos durchgescheuert hatte. Sehr blöd. Wir versuchten mit Bordmitteln das Ganze abzudichten, leider erfolglos. Wir hofften darauf, dass die Triebrolle von der Kompressorpumpe im ausgeschalteten Zustand entkoppelt wird, so wie das bei Klimakompressoren auch der Fall ist. Es ging weiter.

Dann die Enttäuschung. Der Abzweig vom Friedensweg zum Fort war wegen Forstarbeiten gesperrt. Gut, dann fahren wir eben weiter zum Fort Lusern. Aber die nächste Enttäuschung folgte. Per Verbotsschild und Schranke wurde uns die Weiterfahrt auf dem Friedensweg verwehrt (N 45° 56,401′ E 011° 21,605′). Wir suchten einen neuen Weg und fuhren dann über die SS349 und die SP9 zum Fort Lusern. Aber auch das führte zu nichts. Es gab dort einen Touristenparkplatz von dem aus zum Fort gewandert werden muss und ein Restaurant. Darauf hatten wir keine Lust. Aber freundlicherweise stellte uns die Küche des Restaurants Knoblauch für unser Abendessen zur Verfügung. Man muss halt nur fragen.

Der neue Plan war nun zum Werk Gschwent zu fahren und auf einem Campingplatz zu übernachten. Was für ein Glück. Bei Oseli, nur 5 Minuten Fußweg vom Werk entfernt fanden wir einen kleinen Campingplatz (Campeggio Belvedere), der uns gleich ein schmales Areal zur Verfügung stellte. Dafür hatten wir es für uns alleine und es lag erhöht über dem Rest des kleinen Platzes. Dort machten wir es uns für den Rest des Tages gemütlich und bekamen sogar unerwartet von einem der italienischen Camper eine Flasche Rotwein geschenkt. Der Schenkende stieß auch gleich mit mir an. Zum Wohl! Was für eine Gastfreundschaft.

Donnerstag gingen wir dann zum Werk Gschwent, welches gerade geöffnet wurde. Auf eine Führung hatten wir keine Lust, zumal wir doch etwas leicht bekleidet waren und es im Innern sehr kalt und feucht ist.

Danach fuhren wir Richtung des Unglücksstaudamms von Longarone im Vajont-Tal und weiter zum Stausee Ca Selva. Ursprünglich wollten wir direkt am See übernachten, aber auch das gelang uns nicht. Auf dem Weg entlang des Sees hinter dem Staudamm waren ebenfalls Forstarbeiten mit großem Gerät im Gange. Zwar war an diesem Tag schon Feierabend, aber wenn die Arbeiter am nächsten Tag zurückkommen und die Maschinen auf dem Weg bewegen, könnte es schwierig werden daran vorbei zu kommen. Zumal sie extra Schilder aufgestellt hatten, die uns die Weiterfahrt untersagten. Also fuhren wir den Weg soweit es ging, machten noch eine schöne Pause und bewegten uns dann zu einem vorher ausfindig gemachten, ruhigen Platz ganz in der Nähe des Staudamms. Dort gesellte sich noch der Berliner Michael mit seinem Hund Yimmi zu uns. Ein Alt-Hippie nach eigener Aussage. Es wurde ein Abend mit interessanten Gesprächen, bei denen es sich einmal nicht nur um Landys und Reisen drehte.

Die Nacht drohte unruhig zu werden. Neben uns begann ein Gewitter und es zog über uns hinweg. Zum Glück blieb es ein kleines mit wenig Regen. Trotzdem zogen wir uns unter die Fox-Wing von Dietmar zurück. Die Nacht verlief dann doch sehr ruhig.

Freitag Morgen hieß es dann frühstücken und die Heimreise antreten. Natürlich nicht ohne ein kleines Highlight für Kurvenfreunde. Vom See aus über die SR552 kommt man auf den Passo Rest (Forcola di Mont Rest), der Tramonti di Sopra und Ampezzo verbindet. Viele, viele enge Kurven und schöne Ausblicke erwarteten uns dort. Leider fiel dann Dets Disco ein paar Kilometer nach dem Pass aus. Der Kompressor hatte sich dann wohl doch nicht von der Triebrolle entkoppelt und ist heiß gelaufen. Es roch verbrannt und ein paar Schläuche waren in Mitleidenschaft gezogen worden. Eine Weiterfahrt war für ihn so nicht möglich. So mussten wir uns trennen. Dets Wagen kam auf den Autotransporter und er stieg bei Dietmar ein. Nik, Tobias und ich fuhren derweil weiter Richtung Heimat, da wir wegen unseres langsamen Tempos nicht mehr Zeit verlieren durften.

Die Rückfahrt bescherte uns noch einen kilometerlangen Stau auf der SS49. Alles drängte Richtung Brennerpass. Zudem kamen wir mitten in ein heftiges Gewitter mit starkem Regen. Aber trotz Plane und fingerdicker Spaltmaße bleiben wir weitestgehend trocken. Zum ersten Mal konnte ich wenige Kilometer neben uns einen Blitzeinschlag in die Erde beobachten. An der Piave machten wir noch eine kleine Rast am Straßenrand, nachdem man uns in einem Cafe schlichtweg ignoriert hat. Dann ging es in einem Rutsch die alte Brennerstraße zurück nach Österreich und nach vielen Stunden Fahrt übernachteten wir auf einem Campingplatz im Stubaital.

Ausgeschlafen ging es am Samstagmorgen weiter Richtung Deutschland. 20 km vor Weilheim in Oberbayern trennten wir uns dann von Tobias, der weiter nach Augsburg fuhr, während wir noch einen Freund in Weilheim besuchten. Dort gab es Kaffee und frischen Obstkuchen, bevor auch wir weiter fuhren. Für die Nacht suchte uns Nik den Biobauernhof Tannenburg heraus, der unterhalb und in einer alten Burg gelegen war. Ein wundervoller Ort mit lieben Menschen, wie sich herauststellte. In der sehr ruhigen Anlage fanden wir einen schönen Platz, der uns zum Abendbrot einlud. Am nächsten Morgen gab es dann frische Brötchen. Gestärkt absolvierten wir dann die letzten 360 Kilometer nach Hause.

Etwas gerädert aber wohlbehalten kamen wir dort um 17:30 an.

In unserem Online-Magazin Matsch&Piste ist natürlich auch ein Bericht erschienen: Mit der Land Rover Serie durch die italienischen Ostalpen.

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